Mitte der 70er-Jahre legen Abarth und Pininfarina ausgehend von einem Projekt, dessen Start Fiat nicht gelungen war, die Basis für die Geburt der Modelle Coupé und Spider Lancia Beta Montecarlo. Als Sportwagen mit Mittelmotor trotzen sie der Ölkrise und kommen auch in den USA auf den Markt.
1974 will Abarth – seit 1971 vollständig in den Fiat-Konzern integriert und in der Rolle der Rennabteilung – mit einem Fahrzeug am Giro d‘Italia teilnehmen. Das Wettrennen kombiniert die beiden Spezialitäten Rennstrecke und Rallye. So wird ein Projekt wieder aufgenommen, das Fiat einige Jahre zuvor mit Pininfarina gestartet hatte: Es handelt sich um einen Sportwagen und Zweisitzer, ähnlich dem Fiat X 1/9, aber leistungsstärker. Das Projekt war über die Jahr immer wieder verändert und pausiert worden. Der Hauptgrund war die Ölkrise gewesen. Der unter Mitwirkung von Pinninfarina gebaute Prototyp wurde zum Wettbewerb unter folgendem Namen angemeldet: Abarth Pininfarina SE 030. Im Oktober 1974 beendet das Fahrzeug das beschwerliche Rennen unerwartet mit dem zweiten Platz hinter einem unschlagbaren Lancia Stratos.
Wenige Monate nach diesem Platz auf dem Podium feierte der Lancia Beta Montecarlo beim Genfer Autosalon 1975 sein Debüt. Die sportlichen Eigenschaften des Fahrzeugs, die auf das Fiat-Pinninfarina-Projekt zurückgehen, aus dem der überzeugende Rennwagen hervorgeht, stehen der Geschichte und Philosophie von Lancia näher als der von Fiat. Dieser Ansicht sind die Verantwortlichen, die, angespornt von der beim Giro d‘Italia bewiesenen Qualität, beschlossen haben, das Projekt endlich zum Leben zu erwecken und jedoch den Markennamen zu ändern. Um die Tradition von Lancia zu stärken, eine Marke, die für Prestige und Eleganz, aber auch Sportlichkeit steht, erinnert der Name an die glorreichen Siege der Modelle Fulvia HF und Stratos in prestigeträchtigsten Rallye aller Zeiten.
Mit der Beta-Familie teilt das neue Fahrzeug den Zwei-Wellen-Motor, der sogenannte „Lampredi“, der seinen Hubraum von 1,8 auf 2 Liter steigert und 120 PS leistet. Auch die McPherson-Aufhängungen stammen in Teilen vom Beta. Das Fünfgang-Getriebe mit Differential befindet sich quer hinter dem Fahrgastraum, abgetrennt durch den vertikalen Kraftstofftank. Die tragende Karosserie ist, die erstmals nicht von einem bereits existierenden Serienmodell stammt wurde vollständig im Pinninfarina-Atelier in Grugliasco nahe Turin entworfen, produziert, montiert. Der Lancia Beta Montecarlo wird in zwei Karosserievarianten angeboten, dem Coupé und dem Spider, also ein kleiner Zweisitzer und die „Targa“-Version mit abnehmbaren Dach.
Die Produktion der ersten Serie mit 3.385 Exemplaren, davon 2.078 Coupé und 1.757 Spider sowie zwei Prototypen, endet 1978. Zur gleichen Zeit zwischen 1976 und 1977 produziert Pininfarina für den Export in die USA auch den Lancia Scorpion, der sein Debüt 1976 beim Genfer Autosalon feierte: energieabsorbierende Stoßfänger, ein Motor mit geringerer Leistung, um die strengen Abgasnormen zu erfüllen, sowie einige Änderungen an den Scheinwerfern, um die Höhe anzupassen, und schließlich zusätzliche Umrissleuchten. 1.801 Exemplare verlassen das Werk in Grugliasco, alle mit Schiebedachkarosserie.
1980 wird die Produktion wieder aufgenommen, als die zweite Serie ihr Debüt feiert, wieder in Genf. Sie ändert ihren Namen von Beta zu Lancia Montecarlo. Es ist eine sehr gelungene Neuerung: ein neuer Kühlergrill, der sich an anderen zeitgenössischen Lancias orientiert, um ein authentisches „Familiengefühl“ zu schaffen, Originalverglasung in den hinteren „Flossen“, welche die Motorhaube flankieren, und 14-Zoll-Leichtmetallfelgen, die größere Bremsscheiben aufnehmen können. Auch der Motor verändert sich mit Einführung der elektronischen Zündung. Die Produktion endet 1981 nach 1.940 Exemplaren: 1.123 Coupé und 817 mit abnehmbarem festem Dach, aber der Montecarlo bleibt bis 1984 bei Lancia auf der Liste.
Der Lancia Beta Montecarlo war schon vor seiner Geburt ein sportlicher Sieger und wurde zu einem Auto, das mit sportlichem Erfolg beworben wurde. So entstehen zwei vom Montecarlo abgeleitete Autos, die sich beide als Sieger erweisen sollten: der Lancia Beta Turbo Montecarlo, der die Markenweltmeisterschaft dominieren sollte, und der Lancia Rally/037, der die Konstrukteursweltmeisterschaft gewinnen sollte.
Die sportliche Berufung des Lancia Beta Montecarlo war also vor dem Fahrzeug selbst geboren. Der beim Giro d‘Italia 1974 erlangte Zweite Platz sollte der Beginn einer erfolgreichen Karriere sein. Bei dieser Gelegenheit gelang es dem vielseitigen Giorgio Pianta, dem damaligen Abarth-Testfahrer und späteren Streckenchef der Marke Alfa Romeo, und der belgischen Fahrerin Chiristine Beckers, nach 2.000 strapaziösen Kilometern, acht Rennen und vier Spezialtests am Steuer des Abarth-Prototyps Pininfarina SE 030 die zweite Stufe des Podiums zu erklimmen.
Zur Wiederbelebung des sportlichen Images der Marke und des neuen Zweisitzer-Sportwagens wurde 1978 der Lancia Beta Turbo Montecarlo Gruppo 5 entwickelt, ein Auto der Kategorie Silhouette, das für die Teilnahme an der Markenweltmeisterschaft bestimmt war.
Vom Serienfahrzeug hat die Gruppe 5-Version außer dem Namen nur die Mittelzelle, die Position des Motors und einen Teil des äußeren Stylings beibehalten, das durch die originale gewundene Lackierung mit dem Lancia-Schild in der Mitte der Motorhaube, aber auch durch die großen aerodynamischen Anhängsel sehr extrem wirkt.
Alle Protagonisten, die den Lancia Stratos so unschlagbar gemacht haben, beteiligen sich an der Entwicklung des Fahrzeugs: vom Mechaniker Gianni Tonti bis hin zum Mechaniker und Testfahrer Claudio Maglioli, flankiert von dem erfahrenen Gianpaolo Dallara, der bei der Herstellung des Chassis auf Verbundwerkstoffe setzt. Dem Formel-1-Pilot Riccardo Patrese wird die Aufgabe anvertraut, das Fahrzeug zu testen und einzustellen. Drei unterschiedliche Hubräume, 1.425,9, 1.429,4 und 1.773 cm3 ermöglichen den Bau von Fahrzeugen, die in unterschiedlichen Klassen fahren und gewinnen. Die Leistung liegt bei fast 500 PS.
Neben den Siegen in der 2-Liter-Klasse im Jahr 1979 und den Titeln bei der Markenweltmeisterschaft in den Jahren 1980 und 1981 feiern die Italiener damals mit vielleicht noch mehr Begeisterung den Doppelsieg des Lancia Beta Turbo Montecarlo beim Giro d'Italia 1980, der letzten Ausgabe dieses originellen Rennens. Der Sieg geht an das Team von Riccardo Patrese, das sich auf der Strecke mit dem siegreichen Rallye-Duo Alén-Kivimäki abwechselt. Vor ihnen fahren in einem Zwillingsauto auf der Rennstrecke der Formel-1-Pilot Michele Alboreto und die Rallyesportler Bettega-Bernacchini.
Bald darauf wird 1982 das Lancia-Wunder in der Welt des Rallyesports geboren. Aus dem Mittelmotor-Layout und den stilistischen Merkmalen des Beta Montecarlo entsteht der Lancia Rally, wiederum unter Mitwirkung von Pininfarina, der sich der Lancia-Rennabteilung anschloss, um den Staffelstab zu übernehmen, der zuvor vom Lancia Stratos an den Fiat 131 Abarth weitergereicht worden war und nun zu Recht an Lancia zurückgegeben wurde. Für die Zulassung in der Gruppe B sind 200 Exemplare jenes Wagens nötig, der unter dem Codenamen Lancia 037 in die Geschichte eingehen sollte, weil er mit einem effizienten und robusten Fahrzeug mit Heckantrieb in der Ära der Allradfahrzeuge die Konstrukteursweltmeisterschaft gewinnt.